26
Januar
2009
|
18:03
Europe/Amsterdam

Licht, Luft und Wärmeschutz mit 46 Dachfenstern

Objektbericht: Umbau eines ehemaligen Heubodens zu Büros

Die bauphysikalischen und klimatischen Bedingungen wurden vom Ingenieurbüro Hausladen geplant, das in den Räumen der oberen Etage heute selbst seinen Sitz hat. Durch die Modernisierung entstanden komfortable Arbeitsbedingungen im Dachgeschoss bei gleichzeitig minimalem Energieverbrauch und dem Verzicht auf teure haustechnische (Klima-)Anlagen. Das Ingenieurbüro demonstriert damit, wie langfristig Betriebs- und Energiekosten reduziert werden können, ohne dass Abstriche an der Aufenthaltsqualität im Gebäude hingenommen werden müssen. Der vorher eher schlichte landwirtschaftliche Zweckbau kann bei Bedarf sogar zu einem echten Nullenergiehaus erweitert werden: Eine photovoltaische Anlage zur Deckung des verbleibenden minimalen Energieverbrauchs ist planerisch bereits vorbereitet.

Pfettendachstuhl mit offener Raumstruktur

Die landwirtschaftliche Nutzung des 1937 errichteten Gebäudes war vor rund 20 Jahren aufgegeben worden. Im Erdgeschoss befindet sich seitdem ein Gertränkemarkt, das darüber liegende Dachgeschoss blieb zunächst weitgehend ungenutzt. Doch dann entdeckte das Ingenieurbüro das Potenzial der hier schlummernden Raumreserve und begann im Oktober 2006 mit den Ausbauplanungen und schließlich dem Umbau.

Dabei sollten die regionaltypische Architektur des Bauwerks unbedingt erhalten werden und die ehemaligen Nutzungsstrukturen nachvollziehbar bleiben. Gleichzeitig wollte man die imposante Erscheinung des riesigen ehemaligen Heubodens bewahren: Über einer Grundfläche von rund 13 m Breite und 37 m Länge erhebt sich ein zweifach liegender Pfettendachstuhl bis zu einer Firsthöhe von 8,5 m über dem Fußboden. Die Konstruktion ohne Mittelstützen leitet die auftretenden Lasten ausschließlich in die beiden Traufwände. Der sich auf diese Weise bildende unverbaute Raum mit knapp 3.000 m³ Luftvolumen bot ein Höchstmaß an Flexibilität und Freiheit für die künftige Grundrissaufteilung.

Die neuen Arbeitsräume wurden mit leichten Holz- und Glaswänden abgeteilt, die jedoch nur eine Höhe von 2 m und keine Decke haben. Jeder Mitarbeiter kann an seinem Platz so die volle Raumhöhe erleben. Gleichzeitig ist diese offene Bauweise Teil des Belichtungskonzepts. Denn in der Dachfläche befinden sich insgesamt 46 Dachwohnfenster VELUX GGU, die paarweise und in zwei Reihen angeordnet sind. Die oberen Fenster am First werden von einer weiteren Reihe oberhalb der 2 m-Trennwände ergänzt. Mit dieser Lösung konnten alle Arbeitsbereiche einschließlich des in der Mitte liegenden Erschließungsgangs bis in die Tiefe des Raums mit Tageslicht versorgt werden.

 

Belüftung mit elektrisch angetriebenen Dachwohnfenstern

Zusätzliche lichtarchitektonische Spannung entsteht entlang der Traufwand, in deren frühere Belüftungsöffnungen zweiflüglige Lärchenholzfenster eingebaut wurden. Dadurch konnte die historische Außenansicht weitgehend erhalten und außerdem ein innovatives natürliches Lüftungssystem installiert werden. Denn die Fenster in der Traufwand dienen als untere Einströmöffnung für Frischluft, die dem Raum im Sommer Nachtkühle zuführt und als angewärmte Luft infolge des thermischen Auftriebs oben aus den Dachwohnfenstern wieder entweicht.

Die gewählte Lösung kommt ohne maschinelle Belüftung aus und entspricht damit genau der Planungsprogrammatik des Ingenieurbüros, das auf aufwändige und teure Anlagentechnik für die technische Gebäudeausrüstung nach Möglichkeit verzichtet.

Trotzdem kann die Luftzirkulation punktgenau und komfortabel gesteuert werden, weil alle Dachwohnfenster mit einer motorisierten Öffnungsfunktion ausgestattet sind. Über mehrere im Gebäude verteilte Fernbedienungen lassen sich die Fenster einfach und bequem bedienen, wodurch alle „Hilfslösungen“, etwa mit Kurbeln oder Stangen, für die oberhalb der Griffhöhe liegenden Dachwohnfenster von vornherein entfallen konnten.

Sowohl die Belüftungs- als auch die Belichtungsverhältnisse im ausgebauten Dachgeschoss wurden vorab berechnet und mit Softwarelösungen simuliert. Die optimale Anzahl, Größe und Position der Dachfenster ließ sich so exakt vorherbestimmen.

 

Hochwertiger winterlicher Wärmeschutz

Im Sinne eines minimalen Energieverbrauchs und der perspektivischen Nullenergielösung mit Hilfe einer Photovoltaikanlage legte das Ingenieurbüro Hausladen einen weiteren Planungsschwerpunkt auf den Wärmeschutz – sowohl auf den winterlichen Schutz gegen Auskühlung als auch auf den sommerlichen gegen Überhitzung.

Der winterliche Wärmeschutz verlangte vor allem zusätzliche Dämmmaßnahmen an der gesamten Hülle des ursprünglich nicht für eine Beheizung vorgesehenen Gebäudes. Die gesamte Dachfläche erhielt eine Dämmung mit 18 cm Mineralwolle der WLG 035 und erreicht heute einen ausgezeichneten U-Wert von 0,15 W/(m²K). Die Dämmebene befindet sich oberhalb der sichtbar bleibenden Konstruktion des Dachstuhls.

An den historischen Traufwände sorgt eine zusätzliche Vormauerung mit 11,5 cm dicken hochwärmedämmenden Ziegeln für den zeitgemäßen Wärmeschutz (U=0,26 W/(m²K)). Diese massive Form der Innendämmung erhält den Mauerwerkscharakter des Gebäudes und seine Fähigkeit zur Wärmespeicherung.

Die früher ebenfalls gemauerten Giebelwände wurden durch großzügige Verglasungen ersetzt. Um auch hier die Wärmeverluste zu reduzieren und jeden unbehaglichen Kaltluftabfall an den teilweise über 4 m hohen Elementen zu vermeiden, kamen 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasungen mit zwei low-e-Beschichtungen und einem U-Wert von 0,70 W/(m²K) zum Einsatz.

Aus der Summe aller Maßnahmen ergibt sich ein Heizenergieverbrauch von nur 10 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Diese geringe Energiemenge wird sehr effizient mit einer Grundwasser-Wärmepumpe erzeugt, die mit einer Vorlauftemperatur von nur 35 °C sowohl die klassischen Radiatoren im unteren Getränkemarkt als auch die Fußbodenheizung im Dachgeschoss versorgt.

Im Sommer kann die Fußbodenheizung zusätzlich zur nächtlichen Belüftung für die Gebäudeklimatisierung eingesetzt werden. Durch die Heizschlangen fließt dann indirekt vom Grundwasser gekühlte Flüssigkeit.

 

Gegen sommerliche Überhitzung geschützt

In den beiden Dachhälften des Satteldaches bilden die 46 eingesetzten Dachwohnfenster zusammen eine Verglasungsfläche von 24 m², was 3,8% der gesamten Dachfläche entspricht. Den guten winterlichen Wärmeschutz stellt eine 2-Scheiben-Isolierverglasung mit low-e Beschichtung sicher, die einen U-Wert von Ug=1,4 W/(m²K) erreicht.

Gegen Überhitzung im Sommer schützt zum einen der Gesamtenergiedurchlassgrad von nur 0,54, der bereits rund die Hälfte der Wärmeeinstrahlung vom Gebäude fernhält. Zusätzlich sind alle Dachwohnfenster mit innen liegenden Aluminium-Lamellenraffstores ausgestattet, deren Lamellen stufenlos drehbar und in jeder Position verstellbar sind. Direkte Besonnung, Blendung oder übermäßige Erwärmung lassen sich damit sicher vermeiden.

Der Sonnenschutz wird wie die Öffnungsfunktion über Funkfernbedienungen betätigt. Der Verkabelungsaufwand für Strom- und Steuerleitungen ist durch den Einsatz des Funksystems auf ein Minimum reduziert.

Wie im gesamten Bauvorhaben wurde auch bei den Dachwohnfenstern ganz bewusst auf aufwändige Spezialtechnik und teure Sonderanfertigungen verzichtet. Vielmehr handelt es sich bei den Dachwohnfenstern GGU, dem Sonnenschutz und der Funkfernbedienung um bewährte Serienprodukte aus dem VELUX-Sortiment. Die Fenster folgen damit der Philosophie des Ingenieurbüros Hausladen, mit minimalem Technik- und Energieeinsatz sowie in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen durch intelligente Gebäudeplanung selbst in einem ehemaligen Heuboden eine angenehme, klimatisch hochwertige Aufenthaltsqualität zu erreichen.